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Polarisierendes Foldscope

Ganz grundlegend ist ein Mikroskop ein Werkzeug, das Dinge sichtbar macht, die man mit dem bloßen Auge nicht sieht. Und so wie es immer auch spezialisierte Werkzeuge gibt, die vor allem für bestimmte Aufgaben gebaut werden, gibt es je nach Einsatzzweck auch unterschiedliche Arten von Mikroskopen. Eine davon sind Polarisationsmikroskope, mit denen sich erkennen lässt, wie verschiedene Bereiche eines Präparats die Polarisation des Lichtes unterschiedlich beeinflussen.

 

Da verschiedene Arten von Kristallen polarisiertes Licht ganz unterschiedlich beeinflussen, werden Polarisationsmikroskope von Geologen verwendet, um die innere Struktur verschiedener Gesteine zu untersuchen. Ein Polarisationsmikroskop ermöglicht es, in hauchdünn geschliffenen Scheiben der zu untersuchenden Gesteine einzelne Minerale zu benennen und deren Kristallausrichtung zu bestimmen.

 

Damit lassen sich aber auch Einblicke in andere kristallhaltige Materialien gewinnen, wie zum Beispiel Honig oder Erde. Um solche Beobachtungen auch mit einem Foldscope zu ermöglichen, haben wir bei jot:entdecken einen Bausatz entwickelt, mit dem du dein Foldscope zu einem Polarisationsmikroskop aufrüsten kannst. Diesen Bausatz stellen wir hier vor. Dazu gehen wir erst auf die physikalischen Hintergründe ein. Aus diesen ergibt sich der allgemeine Aufbau eines Polarisationsmikroskops, der anschließend erläutert wird. Dadurch wird dann der folgende Abschnitt besser verständlich, denn dort erklären wir, wie du den Polarisationsaufsatz für dein Foldscope aufbaust. Anschließend zeigen wir noch ein paar anschauliche Aufnahmen, die durch ein Foldscope mit Polarisationsaufsatz gemacht wurden, und nennen einige Materialien, mit denen man eindrucksvolle Polarisationsaufnahmen machen kann.

Was ist Polarisation?

Licht besteht aus elektromagnetische Wellen, in denen elektrisches Feld und Magnetfeld schwingen. Das kann man sich so vorstellen, dass Diese Schwingung findet dabei in einer bestimmten Richtung statt, was in der nächsten Abbildung skizziert ist. Diese Richtung bezeichnet man als Polarisation. Das Licht, das wir normalerweise zu Gesicht bekommen, besteht aus einer Mischung von vielen verschiedenen Lichtstrahlen, die unterschiedlich polarisiert sind. Ob Licht, das in deine Augen fällt, bereits polarisiert ist, also nur Lichtstrahlen mit einer einzigen Schwingungsrichtung enthält, oder aus einer wilden unpolarisierten Mischung von Lichtstrahlen besteht, kannst du ohne Hilfsmittel nicht unterscheiden.

 

Einzelne Lichtstrahlen sind hier als "Lineale" dargestellt. Die Richtung, in die das Licht sich ausbreitet, entspricht der Längsrichtung eines Lineals. Die Breite des Lineals entspricht der Richtung, in der elektromagnetische Schwingung stattfindet, und ist gleichzeitig ein Maß für die Helligkeit des Lichtstrahls. Bei (a) liegt das Lineal und veranschaulicht eine horizontale Polarisation. Bei (b) steht das Lineal auf der langen Kante, was eine vertikale Polarisation veranschaulicht. (c) stellt ein Zwischending aus (a) und (b) dar. Normales Licht (d) besteht aus einer Mischung von Lichtstrahlen und ist nicht eindeutig polarisiert. Das kann man sich wie ein ungeordnetes Bündel von Linealen vorstellen.

Es gibt natürliche Effekte, wie z.B. Reflektion, die teilweise von der Polarisation abhängen. Darüber hinaus ist es möglich, Filter herzustellen, die nur Licht einer bestimmten Polarisation durchlassen. Der Effekt von solchen Filtern ist in der folgenden Abbildung veranschaulicht.

Skizze zum Effekt von Polarisationsfiltern

Polarisationsfilter sind in dieser Abbildung als schwarze Gitter mit rundem Umriss dargestellt: Sie lassen eine bestimmte Polarisation durch, die passend zum Gitter ausrichtet ist (a), und blockieren Licht, das nicht passend ausgerichtet ist (b). Licht, das weder genau passend noch genau falsch ausgerichtet ("polarisiert") ist, wird aufgeteilt und dann zum Teil durchgelassen (c). Wenn unpolarisiertes Licht auf den Filter trifft, werden ebenfalls die passenden Komponenten durchgelassen und die unpassenden blockiert (d).

Wenn mehrere Polarisationsfilter hintereinander geschaltet sind, hängt von der Ausrichtung von Polarisation und Polarisationsfilter ab, wie viel Licht durchgelassen wird, was in der nächsten Abbildung dargestellt ist. Verdreht man z.B. die Polarisationsfilter gegeneinander, hat das einen Effekt, der an einen Dimmer erinnert.

Skizze zur Wechselwirkung von zwei Polarisationsfiltern

Zwei aufeinander folgende Polarisationsfilter (a) wirken wie ein einzelner Filter, wenn sie identisch ausgerichtet sind. Sie lassen gar kein Licht durch, wenn ihre Polarisationsrichtungen im rechten Winkel zueinander stehen (b). Sie lassen einen Teil des Lichtes durch, wenn sie nicht genau im rechten Winkel zueinander stehen (c).

Interessante Effekte lassen sich beobachten und nutzen, wenn zwischen zwei Polarisationsfiltern ein Material vorkommt, das ebenfalls einen Einfluss auf die Polarisation des Lichtes hat. Dadurch kann es vorkommen, dass Licht, das eigentlich vom zweiten Filter blockiert würde, nun doch passieren kann, oder dass Licht, das eigentlich durchgekommen wäre, im zweiten Filter blockiert wird. Da die Farbe des Lichtes in manchen Materialien mitbestimmt, wie stark das Licht und seine Polarisation vom Material beeinflusst werden, lassen sich durch die Polarisationsfilter auch Farbverschiebungen erzeugen, was die nächste Abbildung zeigt.

Auswirkung von doppelbrechendem Material zwischen zwei Polarisaitonsfiltern.

Einige Materialien drehen die Polarisation des Lichtes, das durch sie durchgeht. So kann eine Materialprobe oder ein Präparat (türkis dargestellt) die Lichtmenge beeinflussen, die durch zwei Polarisationsfilter durchgeht (a und b). Wenn der Umfang der Polarisationsdrehung von der Farbe des Lichtes abhängig ist, kann eine Stapelung von Polarisationsfilter, Probe und einem zweiten Polarisationsfilter die farbige Erscheinung einer Probe verändern (b und c).

Aufbau eines Polatisationsmikroskops

Das Grundprinzip eines Polarisationsmikroskops ist, dass die verwendete Lichtquelle hinter einem Polarisationsfilter, dem Polarisator, angebracht ist. Dadurch trifft nur polarisiertes Licht auf das Präparat. Das Präparat beeinflusst dann, von welcher Stelle wie viel Licht mit welcher Polarisation die Mikroskopoptik erreicht. Dort ist ein zweiter Polarisationsfilter, der Analysator, angebracht, der nur Licht mit einer bestimmten Polarisation durchlässt. Je nach Ausrichtung der Polarisationsfilter erreicht das Licht das Auge des Betrachters nur von den Stellen des Präparates, die einen bestimmten Einfluss auf die Polarisation des durchdringenden Lichtes hatten.

Links die relevanten Elemente im Lichtweg bei einem Foldscope mit Polarisationsaufsatz, rechts Beschriftungen der Elemente
Schematischer Aufbau eines Foldsopes mit Polarisationsaufsatz

Polarisationsaufsatz zusammenbauen

Der Bausatz Polarisationsmikroskopie enthält eine Aufbauanleitung, einen Streifen Polarisationsfolie, zwei Magnetkoppler und drei transparente Lochaufkleber. Geliefert wird alles in einen Beutel mit Druckverschluss, den du im Anschluss zum Probensammeln verwenden kannst.

Inhalt des Bausatz Polarisationsmikroskopie
Die im Bausatz enthaltenen Teile: zwei Magnetkoppler, Polarisationsfolie und drei Lochaufkleber.

Schneide den Polarisationsfolienstreifen zunächst entlang der Markierung in zwei Teile. Entferne anschließend von beiden Hälften die Schutzfolie, die die Polarisationsfolie beidseitig vor Kratzern schützt.

Aubau des Bausatz Polarisationsmikroskopie: Filter zerteilen und Schutzfolie abziehen
Polarisationsfilter teilen und Schutzfolie entfernen.

Achte darauf, den einen Magnetkoppler quer und den anderen längs mit Polarisationsfolie zu bekleben. Nutze dafür die Lochaufkleber. Da nur zwei Lochaufkleber benötigt werden, ist der dritte als Reserve dabei und bleibt somit übrig.

Aubau des Bausatz Polarisationsmikroskopie: Filter mit Magnetkopplern verbinden
Die Polarisationsfilter werden mit den Lochaufklebern auf die beiden Magnetkoppler geklebt.

Um dein Foldscope zu einem Polarisationsmikroskop aufzurüsten, bringst du nun einen Magnetkoppler auf der gelben Rückseite des Foldscopes und den anderen Magnetkoppler auf der blauen Vorderseite an.

Polarisationsfilter am Foldscope
Vorderseite und Rückseite eines mit Polarisationsaufsatz aufgerüsteten Foldscopes.

Polarisationsaufsatz verwenden

Der Polarisationsaufsatz für Foldscopes kann professionelle Polarisationsmikroskope natürlich nicht ersetzen und für echte Messungen fehlt ohnehin meist das professionell hergestellte Präparat. Beim grundlegenden Experimentieren lassen sich trotzdem zwei verschiedene Verwendungsarten erproben:

 

Wenn man die Polarisationsfilter relativ zueinander rotiert, bekommt man ein gutes Gefühl dafür, welche Bereiche des Präparates keinen Einfluss auf die Lichtpolarisation haben, also synchron zu den Bereichen neben dem Objekt heller und dunkler werden, und welche Bereiche Einfluss auf die Polarisation des Lichtes haben und z.B. immer hell bleiben oder ihre Farbe ändern, je nachdem wie die Polarisationsfilter zueinander stehen.

 

Dreht man die Polarisationsfilter so, dass sie im rechten Winkel zueinander stehen, dann lassen sie zunächst kein Licht durch: Was der eine durchlässt, filtert der andere genau raus. Dreht man die Polarisationsfilter bei dieser Einstellung synchron, dann bekommt man bei einigen Kristallen Informationen darüber, wie ihr Kristallgitter ausgerichtet ist, denn das Atomgitter mancher Kristalle wirkt selbst als Polarisationsfilter. Ist der Kristall so ausgerichtet, dass er genau parallel zu einem der Polarisationsfilter des Mikroskops steht, dann steht er gleichzeitig rechtwinklig auf dem anderen: Kein Licht kommt durch. Wenn die Polarisationsrichtung des Kristalls allerdings zu keinem der Polarisationsfilter des Mikroskops parallel steht, lässt er einen Teil des polarisierten Lichtes durch und dreht die Polarisation dabei etwas. So kann dieser Teil des Lichtes mit gedrehter Polarisation dann wiederum den zweiten Polarisationsfilter des Mikroskops passieren. Durch Ausprobieren, an welcher Stelle dieser Effekt am stärksten auftritt, lässt sich anschießend die Ausrichtung des Kristallgitters ermitteln.

Beispielaufnahmen

Bild 1, das als Schwarzweißaufnahme durchgehen könnte, ist zur Referenz abgebildet und wurde ohne Polarisationsfilter aufgenommen. Es zeigt den Rand eines Tesafilmstreifens, der auf dem Objektträger klebt.

 

Bild 2 zeigt denselben Bildausschnitt wie Bild 1, allerdings wurde es mit Polarisationsaufsatz aufgenommen. Die Polarisationsrichtungen der beiden Filter stehen etwa im Winkel von 45° zueinander. Dadurch kann noch ein Großteil des Lichtes, das am Tesafilm vorbei geht, beide Polarisationsfilter passieren. Das Licht, das durch das Tesafilm durchgegangen ist, ändert seine Polarisation in einem Umfang, der von der Wellenlänge abhängt. Hier wurde vor allem blaues Licht gerade soweit gedreht, dass es den zweiten Polarisationsfilter gut passieren kann. Andere Wellenlängen werden in ihrer Polarisation nicht passend gedreht, sodass diese den zweiten Filter bestenfalls abgeschwächt passieren können.

 

Bild 3 zeigt wieder den gleichen Bildausschnitt, allerdings sind die beiden Filter so ausgerichtet, dass die Polarisationsrichtungen senkrecht zueinander stehen. Licht, das am Tesafilm vorbeigegangen ist, hat eine unveränderte Polarisation und wird somit vom zweiten Filter komplett blockiert. Hier dreht der Kunststoff des Tesafilms die Polarisation vor allem beim gelbem Licht gerade passend, dass es den zweiten Filter passieren kann. Deswegen dominiert in diesem Bereich die gelbe Farbe.

Empfehlenswerte Materialien

Wenn du selbst einen Polarisationsaufsatz nutzen möchtest, sind die folgenden Proben besonders interessant:

 

Erde besteht aus einem Gemisch verschiedener Materialien, darunter auch Mineralien. Im Polarisationsmikroskop werden Unterschiede zwischen verschiedenen Mineralien deutlich: Während manche Körnchen je nach Stellung der Polarisationsfilter verschwinden, bleiben andere sichtbar unabhängig von der Einstellung der Polarisationsfilter.

 

Tesafilm besteht aus einem Kunststoff, der die Polarisation des Lichtes dreht. Das erzeugt spannende Effekte, die sich verändern, wenn man die Polarisationsfilter gegeneinander verdreht.

 

Citronensäure lässt sich in Wasser auflösen. Lässt man einen Tropfen dieser Lösung auf einem Objektträger kristallisieren, erhält man einen farblosen Kristall, der im Polarisationsmikroskop in Regenbogenfarben aufleuchtet.

 

Trockene Zwiebelschalen werden beim Kochen immer weggeworfen. Dabei enthalten sie auskristallisiertes Calciumoxalat. Diese Kristalle kann man mit einem Foldscope mit Polarisationsaufsatz aufspüren.

Bei diesem Blogpost handelt es sich um einen leicht veränderten Artikel vom 09.11.2020 aus der Rubrik "Faltmikroskop und Co." in unserem digitalen Foldscope-Magazin. Wenn du solche Artikel in Zukunft auch vorab lesen möchtest, kann du das digitale Foldscope-Magazin hier abonnieren.

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