Wer sich ab und zu mit einem Mikroskop Dinge anschaut, stellt irgendwann fest, dass sich nicht alle Proben gleich gut anschauen lassen: Für ein Durchlichtmikroskop, wie z.B. ein Foldscope, sind manche Proben zu dick und lassen kein Licht mehr durch, sodass man sich diese eigentlich nur mit einem Auflichtmikroskop genauer ansehen kann. Und damit lassen sich die Proben nur von außen betrachten.
Allerdings kennt man von Dauerpräparaten auch ganz andere Ansichten größerer Proben, nämlich Schnitte. Dabei wird eine Probe im Vorfeld so präpariert, dass sie sich in feine Scheiben schneiden lässt. Solch feine Scheibchen, die zum Teil dünner als ein Zentelmillimeter sind, lassen sich allerdings nicht mit einem einfachen Messer schneiden. Vielmehr sind dafür sogenannte Mikrotome notwendig. Das sind Präzisionsinstrumente, die ein extrem scharfes Messer kontrolliert durch die Probe führen, sodass auch empfindliche Proben zuverlässig sehr dünn geschnitten werden können, ohne zu zerreißen oder zerdrückt zu werden. Die technischen Anforderungen, die an ein solches Mikrotom gestellt werden, machen es zu einer kostspieligen Anschaffung.
Wenn man nur gelegentlich Präparate herstellen möchte, gibt es die Möglichkeit, aus Alltagsgegenständen ein rudimentäres Mikrotom selbst zu bauen. Als „Garnrollenmikrotom“ ist eine Bauform bekannt, die sich einfach nachbauen lässt: Dazu wird eine Mutter auf das Loch einer Garnrolle geklebt. Schraubt man eine passende Schraube in die Mutter, lässt sich mit der Schraube recht präzise einstellen, wie weit sich z.B. ein Pflanzenstengel in die Garnrolle einstecken lässt. Schneidet man den herausstehenden Teil des Stengels mit einem scharfen Messer (z.B. einer Rasierklinge) sauber ab, kann man diesen anschließend mit der Schraube ein kleines Stück herausschieben und dieses kleine Stück als Scheibe abschneiden. Da Garnrollen selbst in Haushalten, in denen regelmäßig genäht wird, nicht gerade täglich anfallen, kommt das im folgenden beschriebene Mikrotom ohne Garnrolle aus und verwendet stattdessen eine Einschlagmutter.
Benötigte Materialien für das Mikrotom mit Einschlagmutter
Sicherheitshinweis: Rasierklingen sind, genau wie die Klingen eines Mikrotoms, sehr scharf. Kinder sollten diese, wenn überhaupt, nur unter Aufsicht einer erwachsenen Person verwenden. Und Erwachsene sollten damit ebenfalls vorsichtig sein: Ein Messer, das scharf genug ist, um feine Querschnitte herzustellen, ist auch scharf genug, um bei einem Abrutschen tiefe Schnittverletzungen zu verursachen.
Für die einfachste Version benötigt man die folgenden Materialien:
- M6-Einschlagmutter (aus dem Baumarkt)
- M6-Schraube (aus dem Baumarkt)
- einseitig geschliffene Rasierklinge (z.B. aus unserem Werkzeugset)
Die folgenden Materialien sind optional, vereinfachen aber den Umgang mit dem Mikrotom und werden deswegen im nächsten Abschnitt bei der Beschreibung des Aufbaus erwähnt:
- Stück Holz mit glatter Oberfläche und durchgehendem Loch (Lochdurchmesser passend zur Einschlagmutter)
- Kerzenwachs
Montage und Verwendung
Bei der einfachsten Variante drehst man die Schraube zwei bis drei Umdrehungen in die Einschlagmutter, und zwar von der Seite aus, die der glatten "Tellerseite" gegenüber liegt (s. Abbildungen)
Nun kannst du die Probe, die du Scheibe für Scheibe anschauen möchtest, in die Öffnung der Einschlagmutter stecken. Anschließend schneidest du zunächst alles, was von der Probe übersteht, mit der Rasierklinge sauber an der Einschlagmutter entlang ab. Jetzt drehst du die Schraube ein kleines Stück weiter in die Einschlagmutter hinein, um die Probe etwas weiter herauszuschieben. Diesen neuen Überstand schneidest du wieder mit der Rasierklinge an der Einschlagmutter entlang ab.
So erhältst du eine erste feine Scheibe deiner Probe, die du in einen Wassertropfen auf einen Objektträger legst. Für weitere Querschnitte gehst du genauso vor. Nun kommt noch das Deckglas (inkl.
Sicherung mit Klebeband) auf das Scheibchen der Probe und fertig ist das Präparat.
Der folgende Aufbau ist ein bisschen komplexer, sorgt aber dafür, dass die Rasierklinge länger scharf bleibt, da sie nicht mehr mit dem Metall der Einschlagmutter in Kontakt kommt. Im ersten
Schritt drückst du die Einschlagmutter gegenüber der glatten Holzoberfläche in das Loch im Holz und drehst die Schraube anschließend zwei bis drei Umdrehungen in die Einschlagmutter.
Diese verbesserte Variante des Mikrotoms lässt sich genauso verwenden wie die einfache Variante: Die Probe wird in das Loch gesteckt, dann wird der Überstand sauber abgeschnitten. Anschließend wird die Probe von der Schraube wieder etwas hinausgeschoben und ein Scheibchen abgeschnitten. Der Unterschied zur einfachen Variante ist, dass die Rasierklinge hier an dem glatten Holz statt an der Einschlagmutter entlang geführt wird.
In beiden Varianten lässt sich das Mikrotom etwas verbessern, indem man mit dem Gewinde der Schraube vor dem Eindrehen etwas Wachs von einer Kerze abschabt. Das Wachs sorgt dafür, dass die Schraube zwar fester im Gewinde sitzt, aber auch geschmiert wird. Dadurch lässt sie sich kontrollierter drehen.
Ergebnisse
Um zu veranschaulichen, was mit so einem Mikrotom mit Einschlagmutter möglich ist, sind hier ein paar Aufnahmen zu sehen, deren Schnitte damit hergestellt wurden:
Eigene Anpassungen
Obwohl das Mikrotom mit Einschlagmutter bei seiner Einführung deutlich vom Garnrollenmikrotom abgegrenzt wurde, ist das Grundprinzip das gleiche: Eine Schraube wird genutzt, um eine Probe Stück für Stück aus einem Loch herauszuschieben. Mit diesem Grundprinzip im Hinterkopf kann man das Selbstbau-Mikrotom auch leicht variieren. Denkbar ist z.B. die Verwendung von Schrauben und Muttern, die man sowieso noch zu Hause hat (also nicht nur M6-Gewinde) oder die Nutzung von Schrauben mit Feingewinde, sodass man den Vorschub der Probe noch feiner dosieren kann. Du kannst also auch experimentieren, variieren und eigene Ideen ausprobieren.
Bei diesem Blogpost handelt es sich um einen leicht veränderten Artikel vom 31.03.2021 aus der Rubrik "Präparatgedöns" in unserem digitalen Foldscope-Magazin. Wenn du solche Artikel in Zukunft auch vorab lesen möchtest, kann du das digitale Foldscope-Magazin hier abonnieren.
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